

Vernissage Nina Berfelde Mauer/Weg
4.9.23 | 18 Uhr | Neuer Salon
„Mauer/Weg“ – ein Visual Essay
Der Teil, der die Grenze des Bezirkes Pankow zu Westberlin markierte, ist etwa 13km lang. Diese 13 Kilometer wurden abgeschritten, mehrmals in verschiedenen Abschnitten, als Ganzes und in beide Richtungen. Nach Norden, Nach Süden. Die Auflösung eines (DDR) Presse – Archivs in Marzahn trug unschätzbare Aspekte in das Projekt. Alte Zeitungsausschnitte aus einem Container geborgen, triefend auf dem heimischen Wäscheständer getrocknet und sorgfältig durchforstet, fütterten Gedanken und gefundene Sprache. Analog-maschinell geschriebene Textfragmente werden zur Begleitung der Schwarz-Weiß Fotos, die entlang des Pankower Mauerwegs entstanden. Die Fotografien wurden von und mit einer analogen Kamera „Werra1“ produziert. Die Werra1 wurde im Rahmen des „Neuen Kurses“ nach den Aufständen am 17. Juni 1953 in Auftrag gegeben. Diese Arbeit reist non-linear durch Zeit und Raum, wenngleich ihr aktueller Zustand als Ausstellungsformation, ein statischer ist. So ist dennoch unsichtbar und zugleich betont: Mauer/Weg ist entstanden aus der Ahnung, dass ein Denkmal nicht versöhnlich wirkt, sondern nur Wenige erlösen soll von Komplexität. Mauer/Weg wurde begleitet von einer internationalen Gruppe Frauen, die gemeinsam in einem Ritual Anfang Mai den Pankower Mauerweg beschritten haben und diesen als eine Verbindung zu andauernden (Grenz-)Konflikten, Ausgrenzungen, Abschottungen und systemischer Gewalt begreifen. Die Auflösung, das Vergessen und Vergraben – sind illusorisch. Fast schon psychopathisch. Denn die Gewalt endet nicht. Sie wird verlegt, verlagert, kanalisiert und kanonisiert. Die Berliner Mauer hat Echos in Zeit und Raum hinterlassen, sie schwingt, es dröhnt nahezu. Erinnerungskultur ist nicht, Prozesse für „verarbeitet“ zu erklären, weil Mahnmale eingeweiht und Gedenktage eingeführt werden. Darin liegt unmittelbar die Möglichkeit zur Abspaltung. Und so, wie in der Bundesrepublik Deutschland der Nationalsozialismus, der Antisemitismus, der Rassismus, niemals aufgearbeitet wurden, sondern lediglich für beendet oder zum ostdeutschen Problem erklärt werden. So ist ein Stück der Berliner Mauer, an das vier Pissoirs angeschraubt sind, kein Symbol für den Sieg gegen den Kommunismus. Wenngleich dies im Kontext einer Stadt wie Las Vegas so anmuten mag. Geschichte wird in Kriegen erzählt. Die Gegenwart tut so, als ob aktuelle, bewaffnete Konflikte „plötzlich“, „neu“ und „unerwartet“ seien. Als ob nichts miteinander verwebt, verbunden, schmerzhaft verwandt sei. Mauer/Weg unterstellt das Gegenteil.
Nina Berfelde,
Unterstützt vom Kulturamt Pankow