

DOKUARTS: La vie en kit
15.10. | 18 Uhr | Festival DOKUARTS
Belgien 2022 | 75 Minuten | Dokumentarfilm | Flämisch und Französisch mit englischen Untertiteln | R: Elodie Degavre | K: Colin Lévêque, Juan Sepulchre | M: Tom Bourgeois
Degavre untersucht das Denken einer Gruppe belgischer Architekten der 60er und 70er Jahre, deren utopische Vision es war, Gebäude zu entwerfen, die einfach in ihrer Struktur und sozial auf die Nutzung durch ihre Bewohner ausgerichtet waren. Mit ironischer Wortgewandtheit sagten die Architekten damals: „Alles gehört euch. Nichts gehört uns.“ Könnten solche Ideale nicht auch heute noch nützlich für uns sein?
Elodie Degavre
Einer der genügsameren Zweige des Architektenberufs war schon immer die Suche nach Wegen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, der gleichzeitig elegant, spielerisch und ästhetisch für Menschen ist, die am Anfang ihres Lebenswegs stehen. Infolge der Studentenunruhen, die im Mai 1968 ganz Europa bewegten, widmete sich einiges an utopischem Gedankengut dieser Frage. Elodie Degavre, die belgische Regisseurin von „Life, Assembled”, ist selbst nicht nur Architektin, sondern wuchs auch in einer solchen experimentellen Wohnanlage auf, mit der sie heute glückliche Kindheitserinnerungen verbindet. Wie es der Zufall will, ist der Architekt der Anlage, Jean Engelbert, noch am Leben – und tatsächlich auch sehr lebendig. Was könnte interessanter sein, als sich mit ihm über diese Zeiten zu unterhalten? Ihrem Instinkt folgend, trifft sich Degavre mit weiteren ExpertInnen aus dieser Zeit: mit Paul Petit, dessen Spezialgebiet einfache Stahlkonstruktionen war und dem Ehepaar Lucien und Simone Kroll, Pioniere der so genannten „partizipativen“ Architektur, bei der die Auftraggeber (häufig Studenten) bei der Gestaltung fast ebenso viel Mitspracherecht hatten wie die Architekten selbst. Sie alle erweisen sich als hervorragende Gesprächspartner. Die Erinnerungen dieser eigenwilligen (und manchmal sogar anarchischen) Pioniere machen den größten Teil des Films aus, der durch lebendiges Archivmaterial bereichert wird, das die betreffenden Gebäude während des Baus und später, nach ihrer Fertigstellung und näher an unserer Zeit, zeigt. Trotz der Nutzung einfacher und preisgünstiger Materialien scheinen sie dem Zahn der Zeit standgehalten zu haben; sie haben Edelrost und eine gewisse traditionelle Schönheit erlangt. Unter alledem kommt der politische Optimismus, dem sie entsprungen sind, immer noch auf bewegende Art und Weise zum Vorschein.
Englisch
One of the humbler branches of the architect’s profession has always been to find ways of making affordable housing that is at the same time elegant, playful and aesthetic for people just starting out in life. After May 1968, in the wake of the student disturbances across Europe, a lot of utopian thought went into the matter. Elodie Degavre, the Belgian director of ”Life, Assembled”, is an architect herself who grew up in one such experimental condominium, and she has happy memories of her childhood there. By chance the architect of that project, Jean Engelbert, turns out still to be alive – indeed very much so. What could be more interesting than to go and talk to him about those days? Following up on her instinct, she meets further practitioners from the time: Paul Petit, an expert in simple steel constructions; and the husband and wife pair Lucien and Simone Kroll who pioneered what came to be known as “participatory” architecture, whereby clients (quite often students) had
almost as much say in the design of the buildings as the architects themselves. All of them turn out to be excellent talkers. The reminiscences of these idiosyncratic (and even, at times, anarchistic) pioneers make up the bulk of this documentary, which is enriched by lively archive footage that shows the buildings in question both in the course of their construction, and later on, closer to our own time. Despite the simplicity and cheapness of materials used, these seem, for the most part, to have stood up well to the passing of the years; they have acquired “patina” and a certain traditional beauty. Underneath it all the political optimism of their origins is somehow still visible, and we are moved by it.