Jazz am Helmholtzplatz: Chanson und Jazz mit Elke Brauweiler
5.7. | 20 Uhr | Eintritt frei!
Der Jazz und der Chanson gingen bis in die 1960er Jahre noch eine Symbiose ein, die sich in der Affäre – oder großen Liebe? – zwischen Juliette Greco und Miles Davis personifizierte. Leider gibt es von beiden keine gemeinsamen Alben, der Flirt währte kurz, denn Miles Davis blieb 1949 nur zehn Tage in Paris bevor er in die USA zurückreiste. Immerhin gibt es ein Foto von Juliet-te Greco mit der Trompete von Miles Davis. Neben ihr gab es etliche andere Sänger*innen, doch war der Jazz in Paris um 1950 vornehmlich männlich, auch wenn Jazzmusiker, wie zum Beispiel Quincy Jones, sich ausgerechnet bei einer Frau – Nadia Boulanger – ausbilden ließen. Da waren noch Mimi Perrin, Monique Aldebert, Blossom Dearie – und natürlich Brigitte Bardot. Etliche ihrer Songs waren von André Hodeir und Henri Crolla für die Filme von Michel Boisrond aufgenommen worden, auch das sehr gewagte „Paris B.B.“, bei der die Sängerin etliche Höhen erklimmen und schnelle Quintolen singen muss, die äußerst anspruchsvoll sind und eher an Neue Musik erinnern als an Jazz. Diese schwierigen Gesangspartien wurden von Christiane Legrand übernommen. Brigitte Bardot ist möglicherweise als Sängerin unterbewertet. Ihr musikalisches Talent ist unter anderem Serge Gainsbourg aufgefallen, der für sie den Skandalsong „Je t´aime, moi non plus“ komponiert hatte. Bekannt gemacht hat ihn dann aber seine nachfolgende Flamme: Jane Birkin.
Männliche Chansonniers waren ursprünglich Instrumentalisten und Jazzmusiker wie beispielsweise Boris Vian oder Henri Salvador. Letzerer spielte im Übrigen auch als Gitarrist mit Django Reinhardt und wurde dann zu einem der populärsten Sänger in Frankreich in den 1940er und 1950er Jahren. Boris Vian starb leider sehr jung – aber hat eine beeindruckende Biographie vorzuweisen. Er war Jazztrompeter, schrieb Kritiken und Bücher über die französische Jazzszene und gründete nach dem II. Weltkrieg einen wichtigen Jazzclub in Saint-Germain-des-Près, in dem der Bebop zu Hause war und wo Django Reinhardt nicht nur mit Boris Vian selbst, sondern vor allem mit dem Brüdern Raymond (piano) und Hubert Fol (sax) improvisierte. Außerdem war Boris Vian verantwortlich für die Herausgabe der Jazzplatten bei dem Label Philips und schrieb surrealistische Gedichte. Gleichzeitig verfasste er Songtexte wie „Le Deser-teur“, der in den 1950er Jahren aufgrund seiner politischen Sprengkraft verboten wurde.
Elke Brauweilers französisches Album „Twist à Saint Tropez“ nimmt Bezug auf einen Song von Guy Lafitte, Martial Solal und André Salvet. Auch Eddie Barclay wird an manchen Stellen als Komponist geführt – möglicherweise hat er den Song über sein Plattenlabel veröffentlicht. Lafitte war ein Jazzsaxophonist und Martial Solal ein bis heute aktiver, großartiger Pianist. Barclay hieß ursprünglich Édouard Ruault und spielte Klavier. In den 1940ern trat er auch mit Django Reinhardt auf. 1937 gründete er das Label „Disques Swings“ und 1945 „Blue Star“, später dann, 1954, das Label „Barclay Records“. Zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Labelbesitzer machte er weiterhin Musik und gründete „Eddie Barclay et son Orchestre“, in dem Hubert Rostaing an der Klarinette, Jack Diéval am Klavier und Jerry Mengo am Schlagzeug zu hören waren. Mit dem Label Barclay Records wurde er zu einem der wichtigsten Produzenten für den französischen Chanson und brachte Platten von Dalida, Henri Salvador, Charles Aznavour, Brigitte Bardot, Francoise Hardy, Jacques Bel und Juliette Greco heraus. In den 1950ern nahm er außerdem Chet Baker auf, Quincy Jones wurde währenddessen zum musikalischen Leiter der Plattenfirma.
Langsam weichte der Chanson in den 1950er musikalisch auf. Zunehmend machten sich auch die Jazzmusiker in andere Gefilde der Unterhaltungsmusik auf – André Popp, Jazzpianist, schrieb beispielsweise einen Song für den Eurovisionswettbewerb. Jazz verlor langsam gesellschaftliche Akzeptanz und die Hochzeit des Jazzchansons endete. Diesen Höhepunkt der Symbiose zwischen Chanson und Jazz wird Elke Brauweiler noch einmal aufleben lassen, die mit der Elektropopband Paula berühmt wurde. Sie hat sich intensiv mit den französischen Chansons der 1950er und 1960er beschäftigt und trägt eine Auswahl aus dieser Zeit begleitet von dem französischen Jazzpianisten Thibault Falk, dem Bassisten Rodolfo Paccapelo und dem kanadisch-holländischen Drummer Greg Smith vor. Elke Brauweiler bringt ihre ganz eigene, Berliner zeitgenössische Lesart ein, die uns alle in ihren Bann ziehen wird.
Besetzung/Cast: Elke Brauweiler – vocals, Thibault Falk – piano, Rodolfo Paccapelo – bass, Greg Smith – drums, Einführung: Regina Câmara