Das unsicht­ba­re Visier | Teil 8: Mör­der machen kei­ne Pau­se | Retro Über­blen­dung

28.1.23 | 16 Uhr (Teil 8) und 18:30 Uhr (Teil 9)

Teil 8: Mör­der machen kei­ne Pau­se

DDR 1976 – 63 Min. – Far­be – R: Peter Hagen – B: Her­bert Schau­er, Otto Bon­hoff, Peter Hagen – K: Wolf­gang Pietsch – M: Wal­ter Kubic­zeck – D: Armin Mueller-Stahl, Jes­sy Rameik, Wolf­gang Gree­se, Georg Leo­pold, Sieg­fried Loy­da, Peter Groe­ger, Alfred Stru­we

Teil 9: Sie­ben Augen hat der Pfau

DDR 1976 – 83 Min. – Far­be – R: Peter Hagen – B: Her­bert Schau­er, Otto Bon­hoff, Peter Hagen – K: Wolf­gang Pietsch – M: Wal­ter Kubic­zeck – D: Armin Mueller-Stahl, Jes­sy Rameik, Wolf­gang Gree­se, Sieg­fried Loy­da, Georg Leo­pold, Tho­mas Lang­hoff, Alfred Stru­we

Mit der 1973 gestar­te­ten Film­rei­he „Das unsicht­ba­re Visier“ gelang dem DDR-Fernsehen dem Ver­neh­men nach ein gro­ßer Zuschau­er­er­folg. Mit beträcht­li­chem Auf­wand wur­de geschil­dert, wie ein Spi­on (im DDR-Jargon „Kund­schaf­ter“) des SED-Staates im Wes­ten agier­te. Da dies unter den dort Mäch­ti­gen geschah, gab es reich­lich Gele­gen­heit, die gro­ße, wei­te Welt, exo­ti­sche Schau­plät­ze, nobles Ambi­en­te und süßes Leben (oder zumin­dest das, was sich der gemei­ne DDR-Bürger dar­un­ter vor­stell­te) vor­zu­füh­ren. Dabei inter­es­sier­ten sich die Szenen- und die Kos­tüm­bild­ner wenig für die authen­ti­sche Ästhe­tik der spä­ten vier­zi­ger bis frü­hen sech­zi­ger Jah­re, in denen die Geschich­ten spiel­ten: Prä­sen­tiert wur­de viel­mehr der Schick der Sieb­zi­ger, mit allem, was die DDR-Konsumgüterproduktion gera­de her­gab.

Der zunächst von Armin Mueller-Stahl ver­kör­per­te Prot­ago­nist, der alles weiß, alles kann und dem alles gelingt, jag­te alte Nazis und durch­kreuz­te fins­te­re, den Welt­frie­den bedro­hen­de Plä­ne – sein Tun konn­te also pro­blem­los gou­tiert wer­den, was die Attrak­ti­vi­tät der Fil­me noch stei­ger­te.

Beim vier­ten Aben­teu­er, wel­ches am ers­ten Weih­nachts­tag 1976 erst­ge­sen­det wur­de, schie­nen frei­lich nicht mehr so gro­ße Pro­duk­ti­ons­mit­tel zur Ver­fü­gung gestan­den zu haben wie bei den vor­her­ge­hen­den. Dem­entspre­chend spielt es auch nur in der Bun­des­re­pu­blik, wo der Held in den frü­hen sech­zi­ger Jah­ren „im Bon­ner Kriegs­ministerium“ tätig ist. Es gibt weni­ger Schau­plät­ze, weni­ger Action.

Bei der gesam­ten Film­rei­he dürf­te das Minis­te­ri­um für Staats­si­cher­heit stets im Zwie­spalt gewe­sen sein, sich einer­seits nicht zu sehr in die Kar­ten gucken zu las­sen, ande­rer­seits aber stolz die – nicht zuletzt tech­ni­schen – Mit­tel vor­zu­füh­ren, über die es ver­füg­te. Zugleich war natür­lich auch in den eige­nen Staat gerich­tet die Bot­schaft wert­voll, wie effi­zi­ent und damit mäch­tig die Sta­si war.

Ideo­lo­gisch gefes­tigt, bemerk­te manch Ver­ant­wort­li­cher ver­mut­lich nicht den Zynis­mus, der der­ar­ti­gen DDR-Produktionen inne­wohn­te: Sie führ­ten den DDR-Bürgern jene Welt vor, wel­che die meis­ten von ihnen – so stand zu befürch­ten – mit eige­nen Auge allen­falls im Ren­ten­al­ter sehen konn­ten.

Ein Film aus dem Deut­schen Rund­funk­ar­chiv.

Geför­dert mit Mit­teln der Bun­des­stif­tung zur Auf­ar­bei­tung der SED-Diktatur.

 

Retro Über­blen­dung:
Im Wes­ten: Arbeits­lo­sig­keit, Dro­gen­sucht, alte und neue ­Nazis, Pro­sti­tu­ti­on, per­spek­tiv­lo­se Jugend­li­che, fal­scher Schein von Auf­schwung und Wohl­stand, dahin­ter kras­se ­sozia­le Gegen­sätze und Elend.
Im Osten: Über­wa­chung, Unter­drü­ckung, fana­ti­sche ­Kom­mu­nis­ten, Ver­fall, beschei­de­ne Lebens­verhältnisse, all­gegenwärtige Angst und ein fin­ste­­res Sys­tem, aus dem man flüch­ten möch­te.
Haben Ost und West wäh­rend der deut­schen Tei­lung die­je­weils ande­re Sei­te am liebs­ten so in Film und Fern­se­hen ­gezeigt?
Die Retro­spek­ti­ve »Über­blen­dung – Ver­ges­se­ne Bil­der von Ost und West« möch­te zur Beant­wor­tung die­ser Fra­ge bei­tragen, indem sie vie­le Rari­tä­ten prä­sen­tiert. Dar­un­ter schwer zu ­beschaf­fen­de Fern­seh­pro­duk­tio­nen, die wohl zum ers­ten Mal seit Jahr­zehn­ten wie­der zu sehen sind wie die ­Fil­me »Aus dem All­tag in der DDR« und vier Fol­gen der Serie »Fami­lie Berg­mann«: Anfang der 70er Jah­re soll­ten sie den West­deut­schen das ­Leben im ihnen fremd­ge­wor­de­nen Osten des Lan­des nahe­bringen.
Wei­te­re Aus­gra­bun­gen sind der ZDF-Film »Das Haus« über ein Gebäu­de an der Ber­li­ner Mau­er, die NDR-Produktion »Ger­hard Lang­ham­mer und die Frei­heit« über die Pro­ble­me eines Flücht­lings im Wes­ten oder der DEFA-Streifen »Was wäre, wenn …?«: 1960 spiel­te er durch, was gesche­hen könn­te, soll­te ein ­DDR-Dorf plötz­lich die Sei­te wech­seln – mit »Die Dubrow-­Krise« ent­stand 1968 ein ähn­li­cher Film im Wes­ten.
Zu den Rari­tä­ten zäh­len auch »Mord im Mär­ki­schen Vier­tel« über einen Kri­mi­nal­fall in West-Berlin und »Brand­stel­len«,
die DEFA-Adaption eines Romans von Franz Josef Degen­hardt. Schon 1966 war mit »Irr­licht und Feu­er« ein gesellschafts­kritisches Buch eines west­deut­schen Autors, hier Max von der Grün, für das DDR-Fernsehen adap­tiert wor­den. Und auch die ARD hat­te die­sen Zwei­tei­ler 1968 gesen­det.
Auf einen selbst­kri­ti­schen Blick auf die eige­ne Sei­te ver­zich­te­ten auch vie­le West­fil­me über den Osten nicht. Ob in ­»Post­la­gernd Tur­tel­tau­be«, »Flucht nach Ber­lin« oder »Gedenk­tag« (über den Volks­auf­stand vom 17. Juni 1953): Immer wie­der lau­te­te der Haupt­vor­wurf, die sat­ten West­ler inter­es­sie­re der Osten nicht mehr.
Die Kri­tik, wel­che selbst die­se West­fil­me am Wes­ten übten, ver­stärk­te das Dilem­ma der Ost­fil­me: Eine dif­fe­ren­zier­te Dar­stel­lung der Zustän­de im Wes­ten wie in »Zwi­schen­fall in Ben­de­rath« war ohne­hin eher die Aus­nah­me, oft wur­de über­trie­ben und die Kri­tik an den Pro­ble­men ent­spre­chend unscharf.
So woll­te »Akti­on J« nach­wei­sen, dass Ade­nau­ers Kanz­ler­amts­mi­nis­ter Hans Glob­ke beim Holo­caust eine gleich gro­ße Rol­le gespielt hat­te wie Adolf Eich­mann. »Frei­spruch man­gels ­Bewei­ses«, die Ver­fil­mung einer Münch­ner Affä­re, wur­de ­wenig spä­ter von der rea­len Ent­wick­lung wider­legt. Glei­ches war schon »Das ver­ur­teil­te Dorf« wider­fah­ren.
Da es unglaub­wür­dig gewe­sen wäre, ver­elen­de­te Pro­le­ta­rier­mas­sen zu zei­gen, wid­me­ten sich die Ost­fil­me über den Wes­ten gern den »bes­se­ren« Krei­sen – und damit der Prä­sen­ta­ti­on ­eines beson­ders schi­cken Ambi­en­tes und Lebens­stils. Eine ­Pro­duk­ti­on wie »Spiel­bank­af­fä­re« wur­de des­halb im Osten nur ver­stüm­melt, in Schwarz­weiß und im Bild­for­mat 4:3 ­gezeigt. Und selbst ein Film, der von der Bun­des­re­pu­blik so ange­wi­dert war wie »Der Haupt­mann von Köln«, oder die Agen­ten­se­rie »Das unsicht­ba­re Visier« tapp­ten in die­se Fal­le.
Zu jeder der vier­zig Pro­duk­tio­nen gibt es eine fach­kun­di­ge Ein­füh­rung.

Datum

Sa 28. Januar 2023
vorbei!

Uhrzeit

16:00

Preis

8 € / erm. 6 € | zzgl. VVK-Geb.

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Ort

KINO Brotfabrik
Kategorie
Brotfabrik Berlin

Veranstalter

Brotfabrik Berlin
Phone
+49 30 471 40 01
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