Die Puh­dys kom­men / Die ande­re Haupt­stadt / ali­as Gün­ter Wall­raff

27. 1.23 | 18 Uhr

Die Puh­dys kom­men
DDR 1989 – 30 Min. – Far­be – R: Frank Ebert – K: Uwe Spil­ler

Die ande­re Haupt­stadt
BRD 1966 – 45 Min. – Schwarz­weiß – R+B+K: Fritz Illing, Wer­ner Klett

 ali­as Gün­ter Wall­raff
DDR 1987 – 29 Min. – Far­be – R+B: Roland Stei­ner – K: Rai­ner Schulz

„Die Puh­dys kom­men“ beglei­tet die viel­leicht bekann­tes­te Rock­grup­pe der DDR zu einem Auf­tritt in einer Klein­stadt im Raum Stutt­gart und zu Plat­ten­auf­nah­men in einem Mün­che­ner Stu­dio, zeigt die Rezep­ti­on die­ser Musik in der Bun­des­re­pu­blik, befasst sich aber auch immer wie­der mit der aktu­el­len Situa­ti­on des DDR-Rocks.

Der an der Babels­ber­ger Film­hoch­schu­le ent­stan­de­ne, nur sel­ten zu sehen­de Film wur­de vom 10.-12. Dezem­ber 1988 gedreht und damit knapp ein Jahr vor der Revo­lu­ti­on in der DDR, bei der Rock­mu­si­ker eine nicht unbe­deu­ten­de Rol­le spiel­ten.

Gera­de erst buch­stäb­lich zemen­tiert wor­den war die Tei­lung, als „Die ande­re Haupt­stadt“ ent­stand: Fritz Illing und Wer­ner Klett zeig­ten in ihrem Film laut Unter­ti­tel „Bil­der und Erin­ne­run­gen in Ost-Berlin“, das West-Berliner seit dem Mau­er­bau 1961 nur noch in Aus­nah­me­fäl­len betre­ten durf­ten und das dadurch immer mehr zu einer Ter­ra inco­gni­ta wur­de. Bis heu­te unklar ist, wie Illing und Klett an ihre Impres­sio­nen aus dem All­tag auf der ande­ren Sei­te der Mau­er, die sie teil­wei­se auch für Kurz­fil­me wie „Ber­lin Klam­mer auf Ost Klam­mer zu“ ver­wen­de­ten, gelang­ten: Selbst wenn mit ver­steck­ter Kame­ra gedreht wor­den sein soll­te, so war es prak­tisch unmög­lich, eine pro­fes­sio­nel­le Film­aus­rüs­tung zwei­mal über die Gren­ze zu schmug­geln. Außer­dem sind man­che Auf­nah­men auch in Innen­räu­men und Insti­tu­tio­nen ent­stan­den. Eine Mög­lich­keit ist, dass es sich zumin­dest zum Teil um Mate­ri­al han­delt, das von Ost-Berliner oder aus­län­di­schen Kame­ra­leu­ten aufge­nommen wur­de: Es gab sei­ner­zeit einen inter­na­tio­na­len Aus­tausch bei­spiels­wei­se auf der Ebe­ne der Wochen­schau­en. Dazu wür­de pas­sen, dass bei dem Film auf einen ver­ba­len Kom­men­tar ver­zich­tet wur­de; allen­falls blitzt aus eini­gen Auf­nah­men, deren Mon­ta­ge und ins­be­son­de­re der Ton­mon­ta­ge sanf­te Iro­nie auf – doch nie soviel, dass es mög­li­che Geschäfts­be­zie­hun­gen mit dem Osten gefähr­den konn­te.

Mit „ali­as Gün­ter Wall­raff“ schuf Roland Stei­ner 1987 ein Por­trait des Inves­ti­ga­ti­v­jour­na­lis­ten, der zu die­sem Zeit­punkt bereits einen legen­dä­ren Ruf besaß und mit sei­nem Repor­ta­ge­buch „Ganz unten“ gera­de wie­der für Auf­se­hen gesorgt hat­te. Natür­lich wirk­te Kri­tik an den Zustän­den in der Bun­des­re­pu­blik glaub­wür­di­ger, wenn sie von West­lern – qua­si als eine Art Kron­zeu­gen – vor­ge­bracht wur­de. Nur: Was konn­ten die­se in öst­li­chen Film- und Fern­seh­pro­duk­tio­nen sagen, das sie nicht auch schon in west­li­chen Medi­en gesagt hat­ten und das in die­sen auch in der DDR bereits gehört und gese­hen wor­den war?

„Die ande­re Haupt­stadt“: Ein Film aus dem Bundesarchiv-Filmarchiv.

Geför­dert mit Mit­teln der Bun­des­stif­tung zur Auf­ar­bei­tung der SED-Diktatur.

 

Retro Über­blen­dung:
Im Wes­ten: Arbeits­lo­sig­keit, Dro­gen­sucht, alte und neue ­Nazis, Pro­sti­tu­ti­on, per­spek­tiv­lo­se Jugend­li­che, fal­scher Schein von Auf­schwung und Wohl­stand, dahin­ter kras­se ­sozia­le Gegen­sätze und Elend.
Im Osten: Über­wa­chung, Unter­drü­ckung, fana­ti­sche ­Kom­mu­nis­ten, Ver­fall, beschei­de­ne Lebens­verhältnisse, all­gegenwärtige Angst und ein fin­ste­­res Sys­tem, aus dem man flüch­ten möch­te.
Haben Ost und West wäh­rend der deut­schen Tei­lung die­je­weils ande­re Sei­te am liebs­ten so in Film und Fern­se­hen ­gezeigt?
Die Retro­spek­ti­ve »Über­blen­dung – Ver­ges­se­ne Bil­der von Ost und West« möch­te zur Beant­wor­tung die­ser Fra­ge bei­tragen, indem sie vie­le Rari­tä­ten prä­sen­tiert. Dar­un­ter schwer zu ­beschaf­fen­de Fern­seh­pro­duk­tio­nen, die wohl zum ers­ten Mal seit Jahr­zehn­ten wie­der zu sehen sind wie die ­Fil­me »Aus dem All­tag in der DDR« und vier Fol­gen der Serie »Fami­lie Berg­mann«: Anfang der 70er Jah­re soll­ten sie den West­deut­schen das ­Leben im ihnen fremd­ge­wor­de­nen Osten des Lan­des nahe­bringen.
Wei­te­re Aus­gra­bun­gen sind der ZDF-Film »Das Haus« über ein Gebäu­de an der Ber­li­ner Mau­er, die NDR-Produktion »Ger­hard Lang­ham­mer und die Frei­heit« über die Pro­ble­me eines Flücht­lings im Wes­ten oder der DEFA-Streifen »Was wäre, wenn …?«: 1960 spiel­te er durch, was gesche­hen könn­te, soll­te ein ­DDR-Dorf plötz­lich die Sei­te wech­seln – mit »Die Dubrow-­Krise« ent­stand 1968 ein ähn­li­cher Film im Wes­ten.
Zu den Rari­tä­ten zäh­len auch »Mord im Mär­ki­schen Vier­tel« über einen Kri­mi­nal­fall in West-Berlin und »Brand­stel­len«,
die DEFA-Adaption eines Romans von Franz Josef Degen­hardt. Schon 1966 war mit »Irr­licht und Feu­er« ein gesellschafts­kritisches Buch eines west­deut­schen Autors, hier Max von der Grün, für das DDR-Fernsehen adap­tiert wor­den. Und auch die ARD hat­te die­sen Zwei­tei­ler 1968 gesen­det.
Auf einen selbst­kri­ti­schen Blick auf die eige­ne Sei­te ver­zich­te­ten auch vie­le West­fil­me über den Osten nicht. Ob in ­»Post­la­gernd Tur­tel­tau­be«, »Flucht nach Ber­lin« oder »Gedenk­tag« (über den Volks­auf­stand vom 17. Juni 1953): Immer wie­der lau­te­te der Haupt­vor­wurf, die sat­ten West­ler inter­es­sie­re der Osten nicht mehr.
Die Kri­tik, wel­che selbst die­se West­fil­me am Wes­ten übten, ver­stärk­te das Dilem­ma der Ost­fil­me: Eine dif­fe­ren­zier­te Dar­stel­lung der Zustän­de im Wes­ten wie in »Zwi­schen­fall in Ben­de­rath« war ohne­hin eher die Aus­nah­me, oft wur­de über­trie­ben und die Kri­tik an den Pro­ble­men ent­spre­chend unscharf.
So woll­te »Akti­on J« nach­wei­sen, dass Ade­nau­ers Kanz­ler­amts­mi­nis­ter Hans Glob­ke beim Holo­caust eine gleich gro­ße Rol­le gespielt hat­te wie Adolf Eich­mann. »Frei­spruch man­gels ­Bewei­ses«, die Ver­fil­mung einer Münch­ner Affä­re, wur­de ­wenig spä­ter von der rea­len Ent­wick­lung wider­legt. Glei­ches war schon »Das ver­ur­teil­te Dorf« wider­fah­ren.
Da es unglaub­wür­dig gewe­sen wäre, ver­elen­de­te Pro­le­ta­rier­mas­sen zu zei­gen, wid­me­ten sich die Ost­fil­me über den Wes­ten gern den »bes­se­ren« Krei­sen – und damit der Prä­sen­ta­ti­on ­eines beson­ders schi­cken Ambi­en­tes und Lebens­stils. Eine ­Pro­duk­ti­on wie »Spiel­bank­af­fä­re« wur­de des­halb im Osten nur ver­stüm­melt, in Schwarz­weiß und im Bild­for­mat 4:3 ­gezeigt. Und selbst ein Film, der von der Bun­des­re­pu­blik so ange­wi­dert war wie »Der Haupt­mann von Köln«, oder die Agen­ten­se­rie »Das unsicht­ba­re Visier« tapp­ten in die­se Fal­le.
Zu jeder der vier­zig Pro­duk­tio­nen gibt es eine fach­kun­di­ge Ein­füh­rung.

Datum

Fr 27. Januar 2023
vorbei!

Uhrzeit

18:00

Preis

8 € / erm. 6 € | zzgl. VVK-Geb.

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Ort

KINO Brotfabrik
Kategorie

Veranstalter

Brotfabrik Berlin
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