

Schon wieder Wohnungsnot: Stadterneuerung Berlin – Beispiel Wedding u.a.
22.11. | 22 Uhr
Der Kampf ums Dach über dem Kopf | Berlin-Filme aus 100 Jahren
Stadterneuerung Berlin – Beispiel Wedding
BRD 1966 – 24 Min. – Schwarzweiß – R: Wolfgang Kiepenheuer – B: Jan Rave, Rolf Rave – K: Kurt Krigar – M: Peter Schirmann
Sanierung im Berliner Wedding – Ein Erfahrungsbericht
BRD 1975 – 25 Min. – Farbe – R: Wolfgang Kiepenheuer – B: Hanno Kremer – K: Peter Cürlis, Georg Pahl jr., Kurt Krigar
Das Märkische Viertel – Aussichten und Einblicke
BRD 1973 – 23 Min. – Farbe – R: Wolfgang Kiepenheuer – B: Ulrike von Möllendorff – K: Hans Jaehner, Kurt Krigar, Peter Cürlis – M: Oskar Sala
Einführung: Jan Gympel
Drei Arbeiten des auf solche Kurzdokumentationen spezialisierten Wolfgang Kiepenheuer: Der erste, geschrieben von dem Architekten- und Brüderpaar Jan und Rolf Rave, zeigt die Gegend um die Weddinger Brunnenstraße, die als größtes West-Berliner Sanierungsgebiet ausersehen worden ist: Die alte Bausubstanz (zweifellos oft heruntergekommen und mit schlechter sanitärer Ausstattung) müsse leider weichen, auch wenn das die Bewohner aus ihrer vertrauten Umgebung reiße und noch manch andere Unbequemlichkeiten mit sich bringe. Dafür winke ihnen eine schöne Neubauwohnung (zum Beispiel im Märkischen Viertel).
Knapp zehn Jahre später hatte sich die allgemeine Stimmung schon so weit gewandelt, dass sich die DEGEWO, die im Wedding als Sanierungsträger fungierte, genötigt sah, den Film „Sanierung im Berliner Wedding – Ein Erfahrungsbericht“ in Auftrag zu geben: Vorgeführt werden Mieter von Wohnungen wie Gewerberäumen, die verkünden, wie prima ihre „Umsetzung“ verlaufen wäre und wie dankbar sie, nach anfänglicher Skepsis, der Wohnungsbaugesellschaft wären. Die konnte ihr Werk denn auch fortführen: Nirgends in West-Berlin wurde eine so große Fläche kahlschlagsaniert wie am Gesundbrunnen, wo dies auch noch erfolgte, als etwa in Kreuzberg die Abrisspolitik durch den Widerstand Betroffener bereits ins Stocken geraten war.
Ein bezeichnender Rechtfertigungsfilm ist auch jener über das Märkische Viertel, das – 1962 begonnen und erst über zehn Jahre später fertiggestellt – schon Ende der Sechziger bundesweit zum Inbegriff einer menschenfeindlichen, nur an Profitinteressen ausgerichteten Trabantenstadt geworden war. Anfangsprobleme habe es gegeben, wird in dem Film eingeräumt, aber manches wäre auch übertrieben dargestellt worden und vieles inzwischen korrigiert. So habe man für jeden der rund fünfzigtausend Bewohner (von denen auch hier einige dankbar und zufrieden vorgeführt werden) einen Baum gepflanzt“ ändern in: „So habe man für jede der rund 17.000 Wohnungen (von deren Mietern auch hier einige dankbar und zufrieden vorgeführt werden) einen Baum gepflanzt, und auch mit den zunächst fehlenden Wohnfolgeeinrichtungen sehe es mittlerweile viel besser aus. Werner Düttmann, von 1960-66 Senatsbaudirektor und einer der Väter des „MV“, meint sogar, die Mängel hätten doch den positiven Effekt gehabt, dass sich angesichts ihrer die Bewohner viel schneller zusammengefunden und damit kennengelernt hätten als in anderen Großsiedlungen. Und ein anderer Architekt verkündet, nachdem es in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg nur „architektonische Notdurft“ gegeben habe, hätte man hier endlich mal richtig zeigen dürfen, was man kann – zum Beispiel in Gestalt der berühmt-berüchtigten Hochhauswand des „Langen Jammers“. Die Musik zu dem Film stammt von dem legendären Pionier der elektronischen Musik Oskar Sala.
Quelle: Sanierung im Berliner Wedding – Ein Erfahrungsbericht, Bundesarchiv, Film: B 63417-1 / Senatsverwaltung für Finanzen Berlin
Mit freundlicher Unterstützung des