

Schon wieder Wohnungsnot: Ein blonder Traum
20.11. | 18 Uhr
Der Kampf ums Dach über dem Kopf | Berlin-Filme aus 100 Jahren
Ein blonder Traum
D 1932 – 103 Min. – Schwarzweiß – R: Paul Martin – B: Walter Reisch, Billie Wilder – K: Günther Rittau, Otto Baecker, Konstantin Irmen-Tschet – M: Werner Richard Heymann – D: Lilian Harvey, Willy Fritsch, Willi Forst, Paul Hörbiger, Trude Hesterberg, C. Hooper Trask, Hans Deppe
Einführung: Jan Gympel
Bis heute wird kaum beachtet, dass eine der erfolgreichsten Ufa-Produktionen mit dem damaligen Topstar Lilian Harvey streckenweise wirkt wie eine Parodie auf „Kuhle Wampe“: An Stelle der hoch gelobten Sequenz mit radfahrenden Arbeitern auf Stellensuche wetteifern in dieser musikalischen Komödie die beiden männlichen Hauptfiguren (Freunde und Kollegen, die nicht zuletzt um Frauen konkurrieren) in Radrennen miteinander. Und das Wohnen auf unbefestigtem Gelände am grünen Stadtrand (hier in ausrangierten Eisenbahnwaggons) wird nicht als systembedingtes Elend dargestellt, sondern im Gegenteil als recht idyllisch. Zumindest ist man dem Mietskasernenelend entkommen, und so singt man selbstbewusst und fröhlich:
„Wir zahlen keine Miete mehr, wir sind im Grünen zuhaus!“ Zufällige Parallelen? Immerhin verfassten das Drehbuch Walter Reisch und Billie (Billy) Wilder, wie wenige Jahre später in Hollywood auch für Ernst Lubitschs „Ninotchka“. Und noch dreißig Jahre später machte Wilder mit „One, Two, Three“ ein weiteres Mal deutlich, dass er – der in seinen Filmen immer wieder Gesellschaftskritik unterbrachte – für die extreme Linke vor allem Spott übrig hatte.
Lilian Harvey galt ab diesem Film, der auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise entstand, selbst als „blonder Traum“ (und natürlich als „das süßeste Mädel der Welt“). Auf dem Gipfel ihres Ruhms in Europa angekommen, ging die Mittzwanzigerin nach einem weiteren Ufa-Film nach Hollywood, wo sie ihre Karriere zunächst erfolgreich fortsetzen konnte und sich anschickte, einer der ganz großen Stars der US-Traumfabrik zu werden. Dann jedoch sollte sich ihr Zusammentreffen mit Paul Martin – erstmals bei „Ein blonder Traum“ – als verhängnisvoll für ihre Laufbahn wie ihr gesamtes weiteres Leben erweisen.